Irgendein Lehrer sagte mal zu mir „der Mensch wächst mit seinen Aufgaben“- Im Gespräch mit SOBI // 01/2023

Ihr hört das Lied “Der schmale Grat”, vom Album PARANOID “Ganz normale Leute”. Erschienen bei OPOS Records // www.opos-records.com


Es gibt Musiker, die irgendwie stetig im Rampenlicht stehen und sich in den fast alltäglichen Geschehnissen der rechtspolitischen Musikkultur verankert haben. Und dann gibt es noch jene Künstler, die man meist vom Namen her kennt, aber irgendwie nicht richtig zuordnen kann und schnell ist es um deren Person damit dann auch schon wieder gewesen. Gewollte oder ungewollt, das ist immer individuell, doch wer sich mal ein bisschen intensiver mit einigen Musikern und Künstlern beschäftigt, der wird sehr schnell auf spannende und ausgereifte musikalische Stärken treffen und auf spielerisches Können und Arbeiten aufmerksam werden, womit man vielleicht gar nicht gerechnet hat und das, wo die Musiker doch schon lange aktiv sind und in gestandenen Bands wirken oder mitgewirkt haben. Einer dieser Musiker ist Sobi und mit ihm habe ich mich über seinen musikalischen Werdegang, seine unterschiedlichen Arbeiten und die Gründe rechtspolitische Musik zu komponieren, unterhalten.

Frontmagazin:
Sobi, es freut mich, dass du dir die Zeit genommen hast, für dieses Interview. Bevor wir uns mit deinen unterschiedlichen Projekten und Bands beschäftigen, würde ich dich vorab um eine kurze Vorstellung bitten, damit die Leserschaft, die dich noch nicht kennt, einen Eindruck erhält.

Sobi:
Hallo Andi, vielen Dank für das Interesse an meiner Person und der Möglichkeit den ein oder anderen interessierten Leser zu erreichen! Kurz zu mir: „CIS“ Gender, zwischen 20 und 40 Jahre jung, deutsch, aus dem Gau Sachsen, männlich, weiß und hetero. Seit Ende der 90iger im zartesten Alter „dabei“ und insbesondere in den letzten 20 Jahren bin ich sehr aktiv für mein Weltbild tätig, jedoch keineswegs ausschließlich musikalisch.

Frontmagazin:
Jeder Künstler hat irgendwo seine Wurzeln, der Ort und der damit verbundene Moment, wo alles seinen Anfang nahm. Wie war das bei dir, wann hat dich die Musik gepackt und wann wusstest du, dies würde deine Leben nachträglich stetig begleiten? Welche Inspirationsquellen hattest du und mit welchem Instrument hat es bei dir angefangen? Was waren deine ersten positiven Erfahrungen als Musik?

Sobi:
Grundsätzlich sehe ich mich nicht als „Künstler“. Viel eher würde ich mich als begeisterten „Hobbymusikanten“ bezeichnen. Wenn ich so zurückdenke, sehe ich mich als 10-jähriger Bengel in einem Proberaum sitzen, mit weit aufgerissenen Ohren -einer Musikgruppe lauschen- die direkt im Nachbarhaus ihren Proberaum hatte. Ich glaube da wurde mir klar, dass ich unbedingt ein Instrument spielen möchte. Mein Vater hatte tief im Schrank eine Akustikgitarre versteckt, die ich immer mal wieder zum drauf-rumklimpern nutzte. Meine Mutter spielte Akkordeon, doch bei mir war es am Ende tatsächlich ein relativ modernes „Keyboard“, auf dem ich meine ersten musikalischen Gehversuche startete. Passend zur damalig sehr angesagten Formation aus Duisburg, die auf den Namen „Standarte“ hörte. Die erste E-Gitarre hatte ich dann mit meinem 12. Lebensjahr durch Ferienarbeit erworben und das erste eigene Schlagzeug stand dann ca. ein halbes Jahr später im Keller. Ich glaube, ich habe mich neben meinen Pflichtaufgaben wie Schule, Hausaufgaben und Vereinssport, jede freie Minute auf irgendeinem der eben aufgezählten Instrumente ausgetobt. Die musikalischen Vorbilder von damals waren „leider“ nicht Slayer oder Metallica, sondern tatsächlich Kraftschlag und „L“, was zwangsläufig dazu führte, dass sich Fortschritte merklich nur auf das benannte Niveau beschränkten. Spaß gemacht hat es trotz alledem!

Frontmagazin:
Aller Anfang ist bekanntlich schwer, auch in der Musik und man muss irgendwie zu sich selbst finden. Wie war das bei dir, bist du direkt in die politische Musikszene eingetaucht und hast die ausschließlich dort ausgetobt oder hast du anderswo deinen Anfang gefunden?

Sobi:
Tatsächlich war es so, dass ich mir erstmal alles im Alleingang autodidaktisch aneignete. Als ich irgendwann jedes einzelne „L“ Liedchen auf Gitarre, Schlagzeug und Klavier spielen konnte, suchte ich dann immer wieder nach neuen Aufgaben und musste mal über den Tellerrand blicken. Allerdings war damals schon nur eine Richtung klar, was die Umwelt auch -anhand der Kleiderwahl- definitiv wahrnahm. Mit der persönlichen Weiterentwicklung folgten dann auch die ersten Gehversuche innerhalb einer Gemeinschaft. Ich möchte es rückwirkend nicht als „Band“ bezeichnen, aber es gab tatsächlich ein paar Leute, die auch auf eigene Musik Lust hatten. Leider war das alles nur von kurzer Dauer, da die politischen und weltanschaulichen Ansichten zu weit auseinander gingen. Um die Jahrtausendwende besuchte ich, wie der Zufall es will, mein erstes Konzert, ganz in der Nähe meines damaligen Heimatortes und es spielten, soweit ich mich erinnere neben „Warhammer“ aus England und „Blitzkrieg“ auch noch „L“ aus Berlin. Das Ding wurde jedoch aufgelöst und ich wurde von meiner Mutter auf dem hiesigen Polizeirevier abgeholt, da ich mich mit meinen damalig knappen 14 oder 15 Jahren dahin „verirrt“ hatte! Ungefähr zu dieser Zeit lernte ich dann auch die erste feste Freundin kennen. Ich brach Zuhause alle Zelte ab und wohnte eigentlich von da an direkt bei ihr. Irgendwann kamen wir auf die Idee, dass wir einen Proberaum brauchten, damit ich dort mein Schlagzeug unterstellen konnte. Entschluss gefasst, die Freundin war volljährig, also konnte sie den Mietvertrag unterschreiben. 2002, der „Glatzenbunker“ war geboren. Man fand schnell 3 willige Mitmusikanten und die erste eigene Band legte los. Weitere Details erspare ich mir hier, einige Leser kennen vielleicht die ein oder andere Geschichte, oder waren selber einmal vor Ort. Es war wie eine Zeitmaschine für Außenstehende, für uns war das der gelebte Alltag! Haha

Frontmagazin:
Musikalisch bist du ja ziemlich vielschichtig aufgestellt, von zart bis hart ist stilistisch wirklich alles vertreten. Erzähl mal, bist du ein aufgeschlossener Mensch, der musikalisch gerne Experimente eingeht und sich auch, wenn es sein sollte, auf ausgefallene musikalische Arbeit einlässt oder eher derjenige, der seinen gesuchten und gefundenen Weg geht und diesen immer stetig ausbaut und verbessert? Gibt es Stilrichtungen die du gerne mal ausprobieren würdest und jene, mit denen du dich überhaupt nicht anfreunden kannst?

Sobi:
Irgendein Lehrer sagte mal zu mir „der Mensch wächst mit seinen Aufgaben“. Als Hobbymusikant interessiert man sich recht schnell für Dinge, die man selbst nicht kann, bis man sie kann. Die Erfahrungen, die man im Laufe der Jahre sammelte, insbesondere auch von anderen Mitmusikanten, öffneten natürlich auch Türen. Speziell in meinem Fall bedeutet das, dass es auch noch etwas anderes gab als „RAC“. Ich denke, BFG an dieser Stelle als meine absoluten musikalischen Vorbilder (insbesondere auf Scheiben wie „Behold the…“/“Glory….“/“Hate Train“….), zu nennen, wäre der richtige Zeitpunkt. Gefühlt wollte/konnte keiner der Mitmusikanten diese Ansicht teilen, leider. Also blieb es erstmal bei „RAC“ für die nächsten Jahre. Zu dieser Zeit gab es dann auch schon die ersten Gehversuche, was die Aufnahme der eigenen Musik angeht. Das mündete dann ja auch irgendwann im ersten eigenen Tonstudio ein paar Jahre später. Spätestens zu dieser Zeit experimentierte man schon etwas mutiger herum. Zudem kommt noch hinzu, dass 2 weitere -oft live spielende Kapellen-, dazu kamen bei mir. Bis zum heutigen Tag denke ich, habe ich sämtliche Richtungen „ausprobiert“, was handgemachte Musik angeht. Was ich mir nicht vorstellen könnte, wäre „RAP/Sprechgesang“ auf elektronischer Musik. Das liegt aber eher am persönlichen Geschmack. Der ist, was das betrifft, 0,00% vorhanden bei mir und ich glaube auch nicht, dass sich das in absehbarer Zeit nochmal ändern wird!

Frontmagazin:
Ein bisschen Spaß muss sein und daher folgendes, würdest du eine Gibson SG für eine deiner Arbeiten verwenden oder lieber auf ein anderes Modell ausweichen, was deiner Meinung nach mehr Charme besitzt?

Sobi:
Tatsächlich war meine zweite Gitarre ein Gibson Nachbau, ein treuer Begleiter, aber ich glaube, Studioluft hat sie nie geschnuppert. „Charme“ besitzt eigentlich so ziemlich jede Gitarre, finde ich. Persönlich und insbesondere im Studio, schwöre ich auf meine „Evertune“ Gitarren von ESP/LTD.

Frontmagazin:
Viele verbinden deinen Namen unweigerlich bzw. überwiegend mit Blitzkrieg, und damit kommen wir so langsam zu deinen musikalischen Tätigkeiten in der rechtspolitischen Musikszene. Blitzkrieg, eine Band die zu Anfang bzw. fast Mitte der 2000er mit tiefen Klangstrukturen, härteren Bass-Lines und einem doch ziemlich auffälligen Sänger am Mikrofon, der für Aufmerksamkeit sorgte. Auffällig im positiven Sinne, nicht, dass das jetzt falsch rüberkommt. Uff, grade noch einmal die Kurve bekommen, und nun zurück zur Band. Mit dem leider inzwischen indizierten ersten Studioalbum habt ihr für ordentlich Gesprächsstoff gesorgt, das Album hatte auf ganzer Linie überzeugt und plötzlich waren Blitzkrieg angesagt. Erzähl doch mal ein wenig über die Band und deren Werdegang, wann wurde die Band gegründet und wie verlief die musikalische Arbeit? Welcher Aufgabe siehst oder hast du in Blitzkrieg gesehen?

Sobi:
Die Lorbeeren kann, darf und will ich in Bezug auf Blitzkrieg hier gar nicht ernten. Ich bin ja hier nur „Asylmusikant“ geworden, Ende 2005. Da war das erste Album schon veröffentlicht und ich hatte keinerlei Aktien daran. Zum Glück, sonst wäre sie vielleicht nicht so gut geworden! haha Nein, mal ernsthaft. Als die Anfrage kam, bei Blitzkrieg einzusteigen, habe ich keine Sekunde gezögert. Es gab ein Instrument, welches ich nur relativ selten in der Hand hatte und das war der Bass. Das war dann auch meine Aufgabe innerhalb der Band. Ich denke, bei diesem Kapitel könnte jeder einzelne Mitmusikant 2 eigene Bücher schreiben über das Erlebte. Für mich persönlich eine prägende Zeit, auf die ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurückblicke. Lachend, weil es einfach unheimlich Spaß gemacht hat und wegweisend zugleich für mich war, weinend, weil es vorbei ist und ich mitunter einige nicht so schöne Erlebnisse mit dieser Zeit verbinde. Ich glaube, 2015 herum habe ich die Band verlassen. Man versuchte dann noch ein paar Jahre einen gemeinsamen Konsens zu finden, aber leider führten alle Wege zur Auflösung der Band Blitzkrieg. Abschließend nur so viel: Wir haben alle noch guten freundschaftlichen Kontakt miteinander, auch wenn die persönlichen Pflichten und Bürden es immer mehr erschweren sich regelmäßig zu sehen.

Frontmagazin:
Trotz einer gewissen musikalischen Härte, animierten Lieder wie “Deutsche Sprache” oder “Lasst die Katzen los” immer zum Mitsingen und gerade letzteres Lied stammt von dem, meiner Meinung nach, ausgereiftesten Studioalbum welches auf den Namen “Das letzte Bollwerk” hört. Es wird jetzt sicherlich wenig überraschend sein, diese Frage zu stellen, werden wir von Blitzkrieg noch einmal was hören oder ist die Band bedauerlicherweise Geschichte?

Sobi:
Leider habe ich es wohl schon vorweg genommen mit der Beantwortung der Frage zuvor. Ich denke nicht, dass wir nochmal etwas von Blitzkrieg hören werden. Es gab immer mal Pläne noch ein Abschiedskonzert durchzuführen, jedoch scheiterte dieses Unterfangen aus verschiedensten Gründen. Wovon ich aber überzeugt bin: Der Sänger wird sicherlich demnächst mal wieder von sich hören lassen. Man darf gespannt sein!

Frontmagazin:
Auf ziemlich abwechslungsreiche, experimentelle Pfade hat es dich dann mit deinem Projekt Paranoid geführt, welches ich auch heute noch nicht so richtig in eine passende stilistische Schublade verordnen kann. Wie kam es zu Paranoid und kann man sagen, dass du mit dem Projekt musikalische Spielereien auslebst, die nicht wirklich zu beispielsweise Blitzkrieg gepasst haben?

Sobi:
Paranoid entstand irgendwann um 2006 herum. Ich hatte ein paar Demoaufnahmen, die sonst nicht so richtig zu irgendeiner Band passten in der ich zu diesem Zeitpunkt aktiv war. Also habe ich es gewagt mal alles selbst einzuklimpern, ohne Einfluss von „außen“ und so entstanden recht schnell zahlreiche Lieder. Musikalisch war das alles etwas „punkiger“ und ich dachte mir, „für die Musik reicht auch deine blöde Stimme völlig aus“. Die Musik passte zu meiner damaligen Stimmung.

Frontmagazin:
Ab 2011 hast du dich musikalisch bei Sturmkommando beteiligt und hier kommen wir dann auch gleich zu einer Produktion, die mir damals verdammt gut gefallen hatte und das Interesse ist bis zum heutigen Tag nicht gewichen. Die Rede ist von dem “An Liberalismus gehen die Völker zugrunde” Studioalbum. Hier bekommen wir einen ersten Vorgeschmack auf das, was später mit anderen Projekten noch verfeinert und ausgereift wurde, harten Rock mit metallischem Einschlag und durchweg politisch. Geiler Scheiß, ehrlich. Was jetzt nicht bedeutet, dass das Material auf der Split schlechter ist, auf keinen Fall. Dennoch, diese Studioscheibe ist schon stark, hattest du schon immer Ambitionen, die härtere Stilrichtung in deine Arbeit einfließen zu lassen und wird es einen Nachfolger von dem genannten Album geben?

Sobi:
Sturmkommando war tatsächlich das erste „Austoben“ ohne sich viele Gedanken darüber zu machen, ob hier Schema „F“ auch kleinlich verfolgt wird. Ich glaube, zu dieser Zeit waren meine Gitarren auch schon alle ein paar Töne tiefer gestimmt. Geschuldet ist das auch dem eigenen Gemütszustand. Repressalien, politischer Wandel in der BRD, Alltagsprobleme, all das mündete letzten Endes in dieser Scheibe. Ja, es wird definitiv noch einen Nachfolger geben. In Arbeit ist dieser nun schon einige Jahre. Leider wuchs mit den Jahren auch der eigene Anspruch, was diesen langen Zeitraum auch erklärt. Ich weiß gar nicht, wie oft ich nach gefühlten Monaten Arbeit, den „Löschen“ Knopf im Studio gedrückt habe. Sicher wären sonst schon mindestens 3 neue Sturmkommando Scheiben erschienen. Übrigens auch etwas, was ich anderen Hobbymusikanten gern mit auf dem Weg mitgeben möchte: Man muss nicht alles veröffentlichen! Persönlicher Geschmack hin oder her, in den letzten Dekaden entstanden so viele Veröffentlichungen die das benötigte Material und die verbrauchten Ressourcen zur Entstehung nicht wert waren! Da nehme ich mich übrigens auch gar nicht aus. Ich würde so manche Veröffentlichung rückgängig machen, wenn ich könnte. Natürlich ist es in der jetzigen Zeit sehr viel einfacher geworden Musik aufzunehmen und zu veröffentlichen. Das Recht möchte ich keinem absprechen. Ich persönlich habe jedoch ein großes Problem mit „Drumcomputern“, bzw. programmierten Schlagzeug. Heutzutage fast Gang und Gebe, diese Entwicklung ist jedoch äußerst fragwürdig.

Frontmagazin:
Diese Brachialität in deiner musikalischen Arbeit hast du beibehalten und über die Zeit hinweg, verfeinert. Das Ergebnis war dann 2021 der zweite Entropie Teil, der schlicht und einfach auf “Kapitel Zwei” hört. Als mir das zarte Goldkehlchen den Silberling zukommen ließ, muss ich fairerweise sagen, dass ich erst einmal von den gebotenen Klängen erdrückt wurde. So tief, so schwer, so strukturell anders ist das Teil ausgefallen, dass musste erst einmal verarbeitet werden. Death Metal trifft auf Stoner Rock, hier und dort etwas Core-Mucke und dazu die beiden Stimmen von D.S.T. und Blutbanner am Mikro, die nicht unterschiedlicher hätten sein können und dadurch ein solch spannendes Kontrastprogramm erzeugen. Solch ein Album braucht doch Zeit, Ideen und künstlerische Freiheiten, um es zu realisieren. Wie bist du an dieses Werk herangegangen? Welche Vorstellungen, Wünsche und Erwartungen hattest du beim Erschaffen dieser Produktion?

Sobi:
Nun, bei Entropie stand ursprünglich der elektronische Teil im Fokus für mich. Da ich leider nicht mit einer brachialen Stimme gesegnet bin, sondern nur Kreischen, Brüllen und etwas schief „singen“ kann, war klar, dass hier Leute ran müssen die das auch wirklich können! Die erste Entropie war ein Versuch, etwas mehr Elektronik mit zu integrieren. Mehr noch, als bei anderen Produktionen, bei denen dies kein Stilmittel war, sondern lediglich als Unterstützung diente. Der Barbaren Sänger machte seine Arbeit sehr gut auf dem ersten Album. Alles, was stiltechnisch nicht zu Barbaren passte, wurde dann für Entropie verwendet. Bei dem zweiten Entropie Album wusste ich, dass ich meine persönlichen Lieblingsstimmen rekrutieren werde. Hätte eine von den beiden Parteien abgesagt, hätte ich dieses Album nicht gemacht. Beim Schreiben der Lieder und Texte, hatte ich beide Stimmen im Kopf. Als ich das Paket dann nach guten 2 Jahren ablieferte zum Gegenhören und üben und die Resonanz von beiden durchweg positiv war, wusste ich für mich, dass ich den richtigen Nerv getroffen hatte. An dieser Stelle muss ich gestehen, dass kein Silberling öfter von mir gehört wurde in 20 Jahren als DST „Ave…..“. Musikalisch und stimmgewaltig absolut konkurrenzlos, bis heute. Die Aufnahme des Albums hätte auch nicht anders sein dürfen. Alles in allem die für mich perfekte Lichtscheibe. Das wird sich, denke ich, auch niemals ändern. Hätte mir mit damals 18 Jahren jemand gesagt, dass der DST-Sänger und ich mal Freunde werden und zusammen Musik machen, ich hätte ihn sicher ausgelacht! Über die zweite Partei brauche ich vermutlich nichts weiter sagen. Er ist genau das richtige Gegenstück und schafft es immer wieder, das Gesungene im Gehörgang fest zu verankern. Jungsturm waren damals bei mir im Studio einsingen und als besagtes Goldkehlchen „Stalingrad“ einsang, war mir klar, dass ich eines Tages auf seine Stimme zurückgreifen muss! Dass dazwischen fast 14 Jahre liegen werden, war mir damals jedoch nicht klar. Meine Erwartungen, also quasi die Idee im Kopf, bis zur finalen Umsetzung, wurden beim zweiten Album mehr als erfüllt. Für Teil 3 gibt es übrigens auch schon Überlegungen, aber das wird noch etwas dauern.

Frontmagazin:
Soviel zu “Kapitel Zwei” von Entropie, doch damit nicht genug. Genau, es ging tatsächlich noch eine Spur härter. Im vergangenen Dezember (2022) hast du mit “Wut”, dem dritten Album der Barbaren, ein musikalisches Monster entfesselt. In dieser Produktion steckt eine Fülle von Musik, von klassischen Rock-Elementen über Metal- bzw. Deathcore Parts bis hin zu experimentellen Stilrichtungen wie Industrial und Neue Deutsche Härte, es ist wütender musikalischer Hybride, der sämtliche Musikanlagen zerlegt. Auf die Komplexität der Texte möchte ich an dieser Stelle nicht eingehen, dass wird in einem separaten Interview, zusammen mit dem Sänger der Barbaren behandelt. Hier möchte ich auf die Musik eingehen, die meiner Meinung nach mit zu den besten experimentell brachialen Klängen zählt, die wir in dieser Form seit Jahren gehört haben und die ihres Gleichen sucht. Da zittert selbst ein musikalisches Konstrukt wie Übermensch und zerbricht an der entfesselten Klanggewalt. Wie erschafft man einen solchen bestialischen Hybriden? Und, sind wir mal ehrlich, war es nicht auch irgendwo gewagt, immerhin könen solche musikalischen Machtwerke auch schnell die Hörer da draußen überfordern?

Sobi:
Vielen Dank für die Blumen. Es freut mich natürlich persönlich sehr, wenn das hinter verschlossenen Türen Entstandene auch dem ein oder anderen geneigten Hörer gefällt! Ja, Barbaren „Wut“ ist ein Album, dass insgesamt wohl knapp um die 5 Jahre Entstehungszeit hinter sich ließ. Natürlich heißt das nicht, dass man 5 Jahre täglich daran arbeitete. Es gab mehrere Phasen der Entstehung. Da dem Sänger leider die Mitmusikanten wegliefen, aus den unterschiedlichsten Gründen, wollte ich diese Kapelle nicht einfach beerdigen lassen. Da hier intensive Freundschaften entstanden sind, ich glaube, 2006 waren sie das erste Mal als Band bei mir im Studio, ist dies einfach eine Herzensangelegenheit. Dass am Ende so ein emotionales Werk entstanden ist, nun das zeichnete sich ehrlich gesagt erst kurz vor Abgabe des Masters ab. Ich denke, neben der musikalischen Komponente, spielt auch die Produktionsumgebung eine entscheidende Rolle. Mir wurde in den letzten Jahren das Privileg zuteil, mein Studio entsprechend hochwertig aufzustocken. Gute Räume und Technik sind nur zwei Aspekte, die einen großen Teil zum großen Ganzen beitragen. Natürlich freut es mich umso mehr, dass auch andere Bands die Möglichkeit haben, unter bestmöglichen Bedingungen, ihre musikalischen Botschaften zu vertonen in meinem Studio.

Am Ende ist Musik nichts anderes als Geschmackssache. Natürlich gibt es auch unzählige Freunde, die auf hochwertige Aufnahmen keinerlei Wert legen. Jedem Tierchen sein Pläsierchen und gerade in unseren Breitengraden, gibt es für jeden Geschmack das passende Vertonungsumfeld.

Dass das ein oder andere Album musikalisch überfordert, das höre ich ständig. Das mag auch sein. Mein persönlicher Geschmack kann sich leider nicht mit allen individuellen Wahrnehmungen decken. Das ist auch völlig in Ordnung so. Umso mehr freut es uns/mich, wenn es doch den ein oder anderen Hörer gibt, dem das Dargebotene gefällt! Dass man, aufgrund der sinkenden Verkaufszahlen, kein neues Auto kaufen kann, ist natürlich auch klar. Deswegen sind wir ja auch keine „Berufsmusiker“, sondern am Ende steht immer noch die politische Botschaft im Vordergrund. Für diesen Weg hat man sich ja bewusst entschieden!

Frontmagazin:
Wo ich neulich im Büro saß und mir die “Wut” angehört hatte, kam mir eine Idee, pass auf, ich weiß das da gleich in Berlin wer die Hände über den Kopf zusammenschlagen wird, nicht dass ich hier wen noch auf irgendwelche Ideen bringen würde… Entropie, die Dritte. Musikalisch irgendwas zwischen “Kapitel Zwei” und “Wut”, mit den Stimmen von D.S.T., Barbaren und vielleicht als Kontrast, noch einmal Blutbanner oder der Rico von Confident of Victory, als zuständiger Klargesang. Na, ist das nicht was? Ha, ha, Frontmagazin, setzt Musikern Flöhe ins Ohr und macht die suchtende Hörerschaft wild!

Sobi:
Dieser Gedanke ist gar nicht so abwegig! Jedoch muss ich sagen: „zu viele Köche verderben den Brei“. Wir werden sehen wo die Reise hingeht, die Ideen gehen mir, in Anbetracht der aktuellen politischen Lage, sicherlich nicht aus.

Frontmagazin:
Nehmen wir zum Schluss noch kurz Abstand von den metallischen Klängen und kehren zum rockigen Spielfeld zurück. Front 776, wie wird es dort weitergehen? Dürfen wir dieses Jahr mit neuen Klängen rechnen? Generell mit eingeworfen, was hast du sonst noch so musikalisch in der Hinterhand, von der du vielleicht berichten kannst und magst?

Sobi:
Mit Front 776 sind wir aktuell sehr fleißig, was das Entstehen neuer Lieder angeht. Ich hoffe, dass wir dieses Jahr einen weiteren Tonträger veröffentlichen können. Zudem hoffe ich, dass wir noch den ein oder anderen Liveauftritt absolvieren werden, die Anfragen sind derzeit recht mau, leider. Insbesondere Auslandskonzerte werden immer schwieriger, sei es durch Ausreiseverbot oder Repressalien vor Ort.

Ansonsten haben wir eine neue Platte mit Confident of Victory im Kasten. Ich denke, diese wird in der ersten Jahreshälfte 2023 das Licht der Welt erblicken.

Weiterhin gibt es noch den ein oder anderen musikalischen Plan für dieses Jahr. Ich spreche jedoch ungern über ungelegte Eier (mit den beiden Ausnahmen im ersten Teil der Beantwortung Deiner Frage).

Frontmagazin:
Sobi, vielen Dank für das Interview. Dir weiterhin viel Erfolg mit deiner musikalischen Arbeit und alles Gute, sowohl politisch wie auch privat. Die letzten Zeilen gehören dir, Grüße, Danksagungen und mehr. Bis zum nächsten Mal!

Sobi:
Ich danke auch! Dir auch weiterhin alles Gute und weiterhin viel Erfolg und Reichweite mit Deinem Format! Abschließend möchte ich mich bei allen Labels, Bands und „Hobbymusikern“ bedanken, die mir in den letzten Jahren und hoffentlich auch in Zukunft weiterhin ihr Vertrauen schenkten und schenken. Gruß und Dank auch an meine Kapellen Front 776 und Confident of Victory, dafür, dass ihr mich und meine Macken ertragt! An alle interessierten Leser: Haltet durch, haltet Stand und lasst Euch nicht beirren vom Wahnsinn dieser Zeit!

Author: Frontmagazin
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2 thoughts on “Irgendein Lehrer sagte mal zu mir „der Mensch wächst mit seinen Aufgaben“- Im Gespräch mit SOBI // 01/2023

  1. Sehr gutes Interview. Sehr gerne mehr davon in Zukunft . Hat Spaß gemacht such in der Kürze / Länge / Informationsgehalt . TipTop !,

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